Schutz im Inneren der Hütte und unter dem Vordach

Schutz bei Gewitter in einer Schutzhütte

| VDE
22.10.2020 Fachinformation

Blitzschutz von Schutzhütten

Im Juni 2012 schlug ein Blitz in eine Schutzhütte auf einem Golfplatz in Hessen ein. Vier Menschen kamen bei diesem Unglück ums Leben. 

Dieses Merkblatt erläutert die Gefährdung von Personen in Schutzhütten durch Blitzwirkungen und beschreibt geeignete Blitzschutzsysteme in Abhängigkeit von den verschiedenen baulichen Anlagentypen. Dabei wird auf die bei Schutzhütten typischen Besonderheiten eingegangen: geringe Abstände zwischen Personen und Leitungen des Blitzschutzsystems und Fehlen einer armierten Bodenplatte.

Die VDE Information richtet sich an Betreiber von Schutzhütten sowie Planer und Errichter von Blitzschutzsystemen.

VDE Information Blitzschutz

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Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung (VDE ABB)
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Was ist neu in der Ausgabe 2020?

  • Bei der Potentialsteuerung mit Metallgitter (Abschnitt 4.1) hängt die Maschenweite von der zu schützenden Fläche (ab 200 m² / kleiner 200 m²) ab.
  • Ein Hinweis auf innere Ableitungen wurde in den Abschnitten Berührspannung und Potentialsteuerung eingefügt.

Was ist neu in der Ausgabe 2019?

  • Die Potentialsteuerung muss den Schutzbereich um mindestens 1 m überragen.
  • Gehwegplatten mit Kiesunterbau gelten nicht mehr als isolierender Boden.
  • Wann ist ein Gewitter gefährlich nah? Wenn ein Blitzeinschlag im Umkreis von 10 km stattfand.

Inhalt

1 Einleitung

2 Schutzkonzept: Richtiges Verhalten; Äußerer Blitzschutz; Getrenntes Blitzschutzsystem; Schutz vor Berührungsspannung; Schutz vor Schrittspannung

3 Kategorisierung von Schutzhütten

4 Blitzschutzsysteme für Schutzhütten: Erdungsanlage und Potentialsteuerung; Schutzhütten aus Metall; Schutzhütten mit Metallgerüst; Sonstige Schutzhütten; Schutzhütte "Pilz"; Zusätzliche metallene Installationen

Literatur, Hinweis, Der Blitzschutz in der Praxis

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1 Einleitung

Der Begriff "Schutzhütte" suggeriert, dass eine solche bauliche Anlage Schutz für Menschen vor allen Wetterlagen bietet. In der Praxis jedoch werden je nach Sichtweise des Planers, des Betreibers oder der Baubehörde sehr unterschiedliche Anforderungen an derartige bauliche Anlagen gestellt: Meist steht der Schutz vor Wind und Regen im Vordergrund; die Auswirkungen von Blitzschlägen werden häufig nicht beachtet. Dabei ist zu prüfen, ob im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht auch die Gefährdung durch Blitzschlag zu berücksichtigen ist [1].

Doch was ist eigentlich eine "Schutzhütte"? Im Bergsport beispielsweise werden die alpinen Rast- und Übernachtungshäuser als Schutzhütten bezeichnet. Aber auch Wartehäuschen an Bus- oder Bahnhaltestellen geben einen Schutz vor Wind und Regen.

In diesem Merkblatt wird der Begriff Schutzhütte für bauliche Anlagen wie z. B. Hütten, Unterstände (Buswartehäuschen) verwendet, die zum Schutz vor Regen aufgestellt werden. Im Vergleich mit Gebäuden z. B. zum Wohnen sind bei Schutzhütten einige Besonderheiten bei der Planung von Blitzschutzsystemen zu beachten: 

  1. Schutzhütten werden üblicherweise auf Erdboden oder gepflasterten Flächen (ohne armierte Bodenplatten) aufgestellt.
  2. Der Abstand zwischen Leitungen des Blitzschutzsystems und Personen kann sehr gering sein (Gefahr von Überschlägen).

Ziel des Merkblattes ist es, die Gefährdung von Personen in Schutzhütten durch Blitzschläge und geeignete Schutzmaßnahmen auf Basis der VDE-Blitzschutznormen [2] zu beschreiben. Dabei werden die unterschiedlichen Aufbauweisen und Baumaterialien wie z. B. Stahl, Holz, Glas, Stein berücksichtigt.

Gewitter und Blitzeinschläge können nicht verhindert werden. Eine Gefährdung geht nicht nur von direkten Blitzschlägen aus. Auch Blitzüberschläge, das Berühren von Metallteilen oder das Stehen auf Böden, in denen Blitzströme fließen, können bei Menschen und Tieren lebensgefährliche Verletzungen hervorrufen.

Mit Blitzschutzmaßnahmen soll deshalb ein Schutzraum geschaffen werden, in dem sich Personen mit großer Wahrscheinlichkeit ohne schädliche Auswirkungen von Blitzschlägen aufhalten können. Dieser Schutzraum umfasst in der Regel das Innere von Schutzhütten und den Eingangsbereich unterhalb des Dachs (siehe Titelbild). Personen außerhalb der Hütte sind im Allgemeinen nicht geschützt.

Ein besonderes Augenmerk muss auf Bäume gelegt werden. Dass der Aufenthalt unter Bäumen bei Gewitter äußerst gefährlich ist, dokumentieren die vielen Blitzunfälle, die jedes Jahr Tote und Verletzte fordern. In Zusammenhang mit Schutzhütten muss ein besonderer Aspekt der Errichtung und Prüfung von Blitzschutzsystemen erwähnt werden:

Fangeinrichtungen werden i. d. R. so geplant, dass sie einen Blitzschlag aus einer Gewitterwolke auffangen. Breitet ein nahe stehender Baum mit der Zeit seine Äste in Richtung Schutzhütte aus, wird im schlimmsten Fall die Funktion des Blitzschutzsystems außer Kraft gesetzt. Beim Blitzeinschlag in den Baum kann es zu einem Überschlag in ursprünglich geschützte Bereiche kommen. Deshalb ist es notwendig, dass Bäume, Zweige und Sträucher immer wieder so zurück geschnitten werden, dass ein Abstand von mindestens 3 m zur Schutzhütte gewährleistet ist.  

2 Schutzkonzept

Nur wenn sich Personen im Freien richtig verhalten und bei Gewitter geschützte Bereiche rechtzeitig und ausreichend lang aufsuchen, können Unglücksfälle vermieden werden. Zum Schutz vor den Einwirkungen von Blitzschlägen ist deshalb vor allem das richtige Verhalten gefordert. 

Wenn Schutzhütten mit einem dauerhaft wirksamen Blitzschutzsystem ausgerüstet werden, dann ist dieses an die jeweiligen baulichen Gegebenheiten anzupassen.

Bei der Planung und Umsetzung von Blitzschutzsystemen wird im Folgenden auf einige besondere Aspekte von Blitzschutzsystemen für Schutzhütten eingegangen.

3 Kategorisierung von Schutzhütten

Bevor im nächsten Abschnitt die Blitzschutzmaßnahmen im Detail erläutert werden, sollen zunächst die unterschiedlichen Aufbauweisen von Schutzhütten aus Sicht des Blitzschutzes in Kategorien zusammengefasst werden (siehe Tabelle).

Tabelle 1: Kategorisierung von Schutzhütten

 


4 Blitzschutzsysteme für Schutzhütten

Generell sind Blitzschutzsysteme für Schutzhütten wie die für gewöhnliche bauliche Anlagen aufgebaut. Die Planung und Ausführung wird in den Blitzschutznormen [2] beschrieben.

Im Folgenden wird auf einige Details oder Besonderheiten bei Schutzhütten hingewiesen.

Literatur

[1] Oberlandesgericht Stuttgart: Wandererpavillon im Wald. Aktenzeichen 5U138/87, 19.09.1988

[2] Normenreihe VDE 0185-305: Blitzschutz, VDE-Verlag / Beuth-Verlag, Berlin.

[3] Norm VDE 0185-305-3: Blitzschutz - Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen, VDE-Verlag / Beuth-Verlag, Berlin.

[4] VDE Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung: Berechnungshilfe für Fangstangen zum Schutz von Objekten geringer Höhe und Abmaße, www.vde.com/blitzschutz-von-schutzhuetten , 2019

Hinweis

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VDE

Diese VDE Information enthält allgemeine technische Empfehlungen zum Blitz- und Überspannungsschutz. Eine eigene Überprüfung der jeweils erforderlichen Handlungsweise durch den Nutzer bleibt daher immer unentbehrlich.

Der VDE hat diese VDE Information mit großer Sorgfalt verfasst. Dennoch kann der VDE weder eine explizite noch eine implizite Gewährleistung für die Korrektheit, Vollständigkeit oder Aktualität des Dokuments übernehmen. Die Anwendung dieses Dokuments geschieht in dem Bewusstsein, dass der VDE für Schäden oder Verluste jeglicher Art nicht haftbar gemacht werden kann.

Die Blitzschutznormen (u. a. DIN EN 62305) werden erarbeitet vom Komitee 251 Blitzschutzsysteme und Blitzschutzbauteile der DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE. Es wird empfohlen, die Fassungen mit dem neuesten Ausgabedatum anzuwenden.
Bezug: VDE VERLAG GMBH oder Beuth-Verlag GmbH

Diese VDE Information wurde unter der Lizenz CC BY 4.0 DE veröffentlicht.

Der Blitzschutz in der Praxis

Keyvisual-Bild VDE Ausschuss Blitzschutz und Blitzforschung
VDE

Unter dieser Bezeichnung gibt der VDE-Ausschuss Blitzschutz + Blitzforschung eine Merkblattsammlung für Blitzschutz-Fachkräfte heraus. Diese VDE Information ist Bestandteil von "Der Blitzschutz in der Praxis".

www.vde.com/blitzschutz-in-der-praxis


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Weitere Informationen

Untersuchung der Isolationsfestigkeit von Kiesboden liefert neue Erkenntnisse

(13.11.2019, geändert 22.02.2020) Bei Hochspannungsuntersuchungen von Kiesboden im Auftrag des VDE|ABB sind Entladungen durch eine Kiesschicht von 15 cm Dicke aufgetreten. Damit wurde der in DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3):2011-10 geforderte Übergangswiderstand von mindestens 100 kOhm unterschritten.
Aus diesem Grund wird in Abweichung zu DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3):2011-10 Abschnitt 8 empfohlen, einen Boden mit Kies (ggf. in Kombination mit Betonplatten oder Pflastersteinen) nicht als ausreichende Schutzmaßnahme bei Berührungs- und Schrittspannungen anzusehen.

Das deutsche Normenkomitee K251 der DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik hat eine entsprechende Information herausgeben und wird eine entsprechende Überarbeitung der international harmonisierten Blitzschutz-Norm anstoßen. 

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